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Die Geschichte um das Pflegetier Shawn

Nutzer: Lumpi
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geschrieben am: 10.10.2010    um 11:25 Uhr   IP: gespeichert
Sicher haben einige von Euch schon einmal darüber nachgedacht ein Pflegetier aufzunehmen und diesem ein besseres Leben schenken zu können.
Ein Gedanke, der sicher bei Vielen zum Tierschutz unweigerlich dazu gehört.

Auch wenn man vielleicht nicht aktiv daran denkt, werden sicher einige von Euch irgendwann mal vor dieser Situation - vor dieser Entscheidung - stehen.

Dass dies nicht so "romantisch" ist, wie man anfangs denkt, auch wenn man meint, alle Eventualitäten eingeplant zu haben, möchte ich Euch einfach an der Geschichte meines Pflegetieres Shawn erzählen.



Vor einem halben Jahr bin ich hier nach Halle gezogen. Eine neue Arbeit - neue Kollegen und natürlich fällt unweigerlich irgendwann das Gespräch auf persönlichere Sachen - auf das, was uns am Herzen liegt und privat beschäftigt - Kaninchen.

Eine Arbeitskollegin von mir hatte auch so einen kleinen Racker zu Hause - sein Name war Schnurpsel - er war vier Jahre alt und hatte in seinem Leben noch keinen TA gesehen geschweige denn einen Artgenossen. Mit langsamen Schritten erzählte ich ihr von meinen Tieren, deren Ernährung und Haltung. Nach und nach begann sie die Ernährung umzustellen, aber doch fehlte einfach der Platz um ihm das geben zu können, was er brauchte. Nämlich ein Partnertier und Platz zum Hoppeln und Laufen. Es kam der Tag, an dem ich ihn besuchen sollte, da er zu massivem Durchfall neigte und ich ihr anbot zuschauen und zu helfen.

An diesem Tag nahm es seinen Lauf - das, was ich nie geplant, das, woran ich nie gedacht hatte. Was ich sah, war nicht so grausam, wie vielleicht andere Fälle über die wir leider immer wieder lesen müssen.

Ich sah ein Tier, welches in einem kleinen Käfig im Flur lebte. Ohne Hütte, Beschäftigung oder Futter. Aber ja, er hatte Heu und er hatte eine Halterin, die ihn eigentlich sehr liebte. Was mich erschreckte, war sein Charakter - waren seine Augen.
Sie waren so leblos - so ohne Freude.
Er ging mir nicht aus dem Kopf der Kleine!

Genau eine Woche später war es soweit. Durch private Probleme der Halterin kam ich mit einer gefüllten Transportbox nach Hause und da saß er nun in meinem Schlafzimmer - mein Pflegekaninchen.

Anfangs sah auch alles ganz gut aus. Shawns erste Arztuntersuchung zeigte nur massivste Hefen und Zahnspitzen. Der Plan stand - Hefen behandeln anschließende Kastration und Vermittlung von Shawn.
Die erste Zeit lief alles perfekt ab. Shawn schaffte die Futterumstellung ohne Probleme. Sein Fell fing an dichter zu werden, nur sein tränendes Auge bereitete mir Kummer.
Der Tränennasenkanal wurde gespült - er bekam Augentropfen, so weit war es in Ordnung. Der Termin der Kastration stand nach 3 Wochen Aufenthalt bei mir und verlief problemlos.

Die Vermittlungsanzeige war geschrieben und die ersten Anfragen für ihn kamen.

Abend für Abend schrieb ich Antworten auf Anfragen - schrieb ich auch Absagen. Ja, es kann einem auch sehr leidtun einem Menschen sagen zu müssen, dass er leider z.B. auf Grund der Entfernung nicht in Frage kommt.
Manchmal musste man sich auch weniger freundliche Antworten gefallen lassen. Es wirkt immer alles sehr leicht, wenn Susanne oder andere davon schreiben. Aber es ist sehr zeitaufwendig und ich hatte noch Glück, dass Shawn auf Grund seines Aussehens doch viele Anfragen bekam. Nicht immer ist dies der Fall.


Doch dann kam der Tag X - an dem auf einem alles nicht mehr so lief, wie es anfangs den Anschein hatte
Liebe Grüße von Kira & Anton & Anja!
Für immer unvergessen - Flocke, Strolch,Krümel und Bobo!
  TopZuletzt geändert am: 04.10.2012 um 10:27 Uhr von Alexandra
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Nutzer: Lumpi
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geschrieben am: 10.10.2010    um 11:27 Uhr   IP: gespeichert
Shawn erkrankte an einer sehr schlimmen Magenaufgasung. Am Morgen bevor ich auf die Arbeit musste, stand ich zweifelnd an seinem Gehege und überlegte meine Arbeit an diesem Tag zu schmeißen. Die Entscheidung Arbeit und damit Sicherheit für meine eigenen vier Kaninchen und mich auf der einen Seite und mein Pflegetier, welches Anzeichen von Krankheit zeigte, auf der anderen Seite.
Ja, ich bin zur Arbeit gegangen, zu groß war die Angst in der Probezeit auf Grund dieser Situation in Misskredit zufallen. Nicht überall ist Verständnis dafür gegeben.

Die Gedanken an diesem Tag waren natürlich nicht bei der Arbeit und zum Glück konnte Ulli (Pimboline) am Nachmittag zu mir fahren und schauen. Shawns Zustand hatte sich rapide verschlechtert. Er hatte starke Schmerzen und war apathisch.

Ich schickte sie zum Tierarzt mit dem Taxi, da wir beide kein Auto haben. Der Anruf von ihr hatte keinen guten Nachrichten für mich. Shawns Magen war massiv vergrößert, er war dehydriert und apathisch. Er musste bleiben.
Am Abend dann durfte ich ihn abholen, doch was für ein Anblick - der Tierarzt machte mir nicht allzu viel Hoffnung.
Ja, ich habe ihm an diesem Abend auf sein Gehen vorbereitet und oft schaute ich an diesem Abend, ob er noch atmete.
Meine eigenen Tiere mussten das erste Mal in ihrem Leben bei mir zurückstehen - ich konnte ihn nicht allein lassen. Ich habe ihm stundenlang den Bauch massiert.
Doch Shawn hatte alle Schutzengel auf seiner Seite! Er schaffte den Morgen und ich brachte ihn wieder per Taxi zum Tierarzt, da ich natürlich wieder arbeiten musste.
Zwei Tage später hatte er es geschafft - ich dachte, er ist wieder ganz der Alte.

Ich dachte es....

Es folgten in unregelmäßigen Abständen immer wiederkommende Aufgasungen mit massiven Durchfällen. Mittlerweile hatte ich bereits in diesem Monat 200 € an Tierarzt- und Taxikosten gehabt. Geld, welches ich auch für meine eignen vier Kaninchen gebraucht hätte, denn der halbjährliche Check mit Kotprobe und Doppelimpfung stand an.

Ja, meine eigenen Tiere musste ich zurückstellen um Shawn zu helfen und natürlich ihn gesund zu pflegen, damit er vermittelt werden konnte.
Und meist kommt immer alles auf einmal. Ist ein Tier krank - folgt meist ein weiteres. Natürlich liest es sich bei Susanne immer sehr "leicht". Aber es ist schon etwas anderes, wenn man selber von einem Gehege zum anderen geht und überall seine kleinen Patienten zu sitzen hat. Man wünscht sich ein paar Arme und Augen mehr, da man leider nicht überall gleichzeitig sein kann.
Es ist kräftezehrend und es laugt aus, es belastet, wenn die eigenen, geliebten Tiere dann auch krank sind und man rechnen muss, wie das finanziell alles gehen soll.
Ohne Susanne hätte ich den Monat nur eng geschafft.

Mittlerweile hatte ich auch die eigentliche Vermittlung soweit abgesagt, denn so konnte es nicht verantwortet werden.

Doch die Spitze des Berges war noch nicht erreicht. Eines Abends hatte ich das Gefühl, das Shawn gestürzt war beim Auslauf. Und als er mich am nächsten Morgen mit einem leicht schrägen Kopf anschaute - ahnte ich schlimmes: E.C.

Liebe Grüße von Kira & Anton & Anja!
Für immer unvergessen - Flocke, Strolch,Krümel und Bobo!
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Nutzer: Lumpi
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geschrieben am: 10.10.2010    um 11:30 Uhr   IP: gespeichert
Vieles ging mir an diesem Abend durch den Kopf. Was tun mit ihm? Er konnte ja nicht ewig einsam sein? Er konnte nicht ewig in meinem Schlafzimmer leben.

Ich habe "Glück" gehabt, Shawn hatte eine Otitis Interna ( Mittelohrentzündung ), welche den Symptomen von E.C. sehr ähnlich ist.
Nach 14 tägiger Gabe von AB ging es ihm so gut, dass er geimpft werden konnte.

Mittlerweile war er vier Monate bei mir und war noch immer allein. Auch sein Magen besserte sich nicht - immer wieder gab es Probleme.
Heute, wenn ich mit einem Lächeln die Berichte seiner neuen "Menschenmama" lese, weiß ich, dass Susi Recht hatte und es die Einsamkeit war.

Jeder, der ein Tier vermittelt hat, weiß, dass man auch anschließend noch eine gewisse Verantwortung an dem Tier hat. Man hält Kontakt - hilft bei der Zusammenführung und steht immer wieder natürlich gern für Fragen zur Verfügung.

Nach all diesem, weiß ich persönlich noch mehr einzuschätzen, was unsere Susanne leistet. Ich hatte einen "leichten" Fall hier sitzen und nur fünf Tiere mit ihm.

Tierschutz - was bedeutet dies und auf welche Art und Weise kann man ihn am effektivsten "ausführen".

Ich habe in vier Monaten einem Tier geholfen - ein Tropfen auf dem heißen Stein! Wie viel mehr Tieren können durch Aufklärung der Menschen in vier Monaten geholfen werden?

Das ist es, was sweetrabbits ausmacht. Beraten und helfen - wie viel mehr Tieren wurde in diesen vier Monaten geholfen?

Ich freue mich für Shawn - ich freue mich aber auch für uns Fünf hier. Es war eine manchmal sehr schwere Zeit bestückt mit starken finanziellen Engpässen, die eigenen Tiere mussten zurückstecken, Ängsten wie es weitergehen sollte und sehr viel Zeitaufwand.

Jeder sollte genau überlegen und in sich gehen, ob er bereit ist all dies zu geben und auch geben zu können.

Was wäre gewesen, wenn Shawn ein Schnupfer ist? Er E.C. gehabt hätte? Er nicht für eine Vermittlung frei gewesen wäre?
Liebe Grüße von Kira & Anton & Anja!
Für immer unvergessen - Flocke, Strolch,Krümel und Bobo!
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