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geschrieben am: 13.01.2012 um 10:38 Uhr IP: gespeichert
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Zitat von: Freya Jetz mal ne ganz böde Frage, aber wie kann man denn dann überhaupt gut/artgerecht züchten? Weil in irgendeiner Form muss ja die Population erhalten bleiben, sonst sterben Kaninchen ja aus. Ich weiß das im Tierheim viele Kaninchenauf ein zuhause warten und ich will auch nicht züchten oder so, es geht mehr jetzt mehr darum was wäre wenn z.B. die Tierschutzgesetze verändert werden was sollte denn dann in den Zuchtabschnitt? Weil ich mein von irgenwoher müssen ja die kleinen Kaninchen kommen.... Das soll jetzt keine Kritik an deiner Ablehnung gegen züchten, ich finds selber nicht gut, aber ich würd das rein intressenhalber gern mal wissen, weil wie gesagt irgendwie muss es ja auch Nachkommen geben.
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Hallo Freya,
sorry, dass es länger gedauert hat mit meiner Antwort zu Deiner Anmerkung bzgl. meines Beitrags. Ich musste in den letzten Tagen sehr viel arbeiten...
Grundsätzlich gibt es bessere und schlechtere Züchter, ich habe jedoch ein Problem damit, die Kaninchenzucht im Allgemeinen mit dem Begriff "seriös" zu bezeichnen. Seriosität bedeutet im Allgemeinen: Ernsthaftigkeit, vertrauenswürdig, ordentlich, gewissenhaft, verantwortungsbewusst, umsichtig... Um die Bedeutung jedoch wirklich greifen zu können, muss man sich mit der Bedeutung dieser Begriffe auseinandersetzen.
Seriosität muss meines Erachtens auch für einen Laien erfassbar sein, also in diesem Fall einem Nicht-Züchter, Halter oder allgemein gesagt, Abnehmer. Auch ist es ein Eindruck, den man gewinnen muss. Seriosität ist für mich zudem etwas Ganzheitliches, etwas was zu Ende gedacht wurde und sich das Handeln innerhalb eines erfassbaren Rahmens bewegt, der nicht unbemerkt/unwissend übertreten werden kann. Aber genau hier fängt es bei der Zucht schon an. Es gibt ein paar Regeln zu beachten, aber es gibt keinen Rahmen, der sich schließt. Es verhält sich wie mit einer Religion, alle glauben daran, aber wie der Glaube nun richtig gelebt wird, bleibt Auslegungssache.
Ich gebe Dir ein Beispiel von der Züchterin von meinem BamBam: 16qm Auslaufgehege mit einem Kastraten darin, für die nicht tragenden Weibchen. Kleiner Zuchtbestand von max. 10-15 Kaninchen. Die Weibchen bleiben 2 Wochen nach dem Deckakt noch beim jeweiligen Rammler, damit er nicht ständig alleine ist. Auch die 2 Rammler haben ihren separaten Auslaufbereich. Getreidefreie Ernährung (viel Gemüse und Obst), einwandfreie medizinische Versorgung und vorbildliche Hygienemaßnahmen. Die Züchterin ist im Zuchtverband und kennt sich bestens mit der Genetik/Vererbbarkeitsleere aus. Keines ihrer Kaninchen ist scheu dem Menschen gegenüber, sie vermittelt nicht in Einzelhaltung und es gibt viele nützliche Tipps für die Halter auf ihrer Website.
Bis hierhin klang das für mich damals alles "seriös". Wem so viel an seinen Tieren liegt, der wird es schon richtig machen bzw. es hat Hand und Fuß. Die Überraschung kam dann erst, nachdem wir uns in unsere Zwerge verliebt hatten...
Uns wurden die Jungtiere mit 6 Wochen in die Hand gedrückt (wir hatten vorher nicht nach dem Alter gefragt). Als ich sie dazu überreden wollte, sie wenigstens bis zur 8. Woche bei der Mutter zu lassen sagte sie mir, dass sie die Jungtiere ab der 4. Woche ohnehin von der Mutter trennen würde. Uns wurde zudem zu einer Männchen/Männchen-Konstellation geraten und beide Tiere waren krank (Syphilis). Sie war außerdem sehr überrascht, dass WIR die Kaninchen haben wollten und sie nicht für kleine Kinder gekauft wurden. Als ich ihr dann noch erzählte, dass wir sie nicht in einen Käfig setzen werden, war sie völlig platt. Sie hat sich zwar darüber gefreut, aber wir waren damit scheinbar sehr ungewöhnliche Käufer.
Aus heutiger Sicht, und mit dem Wissen was ich durch den Tierschutz bislang erlangt habe, war dies einfach keine Runde Sache. Sie hat mehr für ihre Tiere getan, als ihr vom Verband oder dem Gesetz vorgegeben wurde, aber letztlich stehen die eigenen Interessen am Ende dann doch vor den Bedürfnissen der Tiere.
Das Problem hierbei ist also, dass es keinen Rahmen gibt, indem sich die Züchter einheitlich bewegen müssen und die einen Laien und auch einen Züchter erkennen lassen, was richtig und was falsch ist. Die eigenen Interessen zu vertreten und die Bedürfnisse der Tiere - egal an welcher Stelle - außer Acht zu lassen, ist für mich nicht verantwortungsbewusst, nicht gewissenhaft, nicht durchdacht, nicht anständig, nicht umsichtig, und somit für mich auch nicht mehr unter den Begriff "seriös" zu stellen.
Ich hoffe, ich konnte meinen Beitrag ein wenig ergänzen und verständlicher machen, worauf ich hinaus wollte. Es mag andere Blickwinkel und Gründe geben, die eine Kaninchenzucht nicht so an den Pranger stellen wie die Meinen. Aber solange eben kein klarer Rahmen vorgegeben wird, der dem Züchter Grenzen setzt, den Bedürfnissen der Tiere entgegen kommt und auch für die Käufer/Halter etc. erkennbar und verbindlich ist, werden die Argumente FÜR und GEGEN die Zucht eben auch Auslegungssache beleiben.
Meine Meinung über die Kaninchenzucht mag für Manche überzogen klingen. Dabei ist mir durchaus bewusst, dass ein Züchter Abstriche in der Haltung machen muss und es generell nicht handhaben kann, wie ein reiner Halter. Jedoch reden wir hier auch von Lebewesen die in die Welt gesetzt werden und in deren Dasein mehr fragwürdiger Zweck als Leben steckt. Und das ist etwas, was in einer Überflussgesellschaft wie unserer, unnötig ist.
LG
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Die große Schuld des Menschen ist, dass er jeden Tag zur Umkehr fähig ist und es nicht tut.
– Albert Schweitzer – |
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