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geschrieben am: 04.11.2012 um 02:59 Uhr IP: gespeichert
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Mein liebes Schnüppchen,
als Du im letzten Jahr zu mir kamst, warst Du halbtot. Mit drei weiteren schwer vernachlässigten Häschen haben wir Euch zu uns genommen, Hals über Kopf. Wir hatten keine Ahnung von Kaninchen, und ich habe nächtelang im Internet verbracht, um zu lernen. Vor allem wegen Dir, Schnuppi. Als ich damals Deinen geschundenen Körper sah und der Tierarzt zur Euthanasie riet, habe ich Dir versprochen, alles zu tun, um Dich glücklich zu sehen. Du warst sehr geduldig mit mir, als ich Dir erstmals Medikamente mit der Spritze einflößte, und hast mir gezeigt, wie es am besten geht. Und Du wurdest gesund, zumindest was Deine Verletzungen anging. Diese ersten Wochen mit Dir haben mich mehr über Kaninchen gelehrt als ich jemals lesen kann. Dieser unglaubliche Lebenswille, diese Leidensfähigkeit, diese große Kraft in einem solch kleinen Körper. Und dieser Eigensinn trotz niedlich dreinschauender Augen.
Bevor Du kamst, waren Kaninchen einfach Kaninchen für mich. Lebewesen, die es zu schützen gilt so wie alle anderen Tiere auch. Seitdem ich Dich kenne, schätze ich Kaninchen unheimlich hoch. Welches Haustier wird mehr verkannt als ein Kaninchen? Aber dieses Thema führt jetzt zu weit, denn dies hier ist Deine Seite, Schnuppi.
Ja, Schnupp, am Anfang hatte ich Dich "Würmchen" getauft, weil Du solch ein armes Würmchen warst. Bei Pfötchenmann hat sich dieser Name nie etabliert, er nannte Dich "den Braunen" (was mich geärgert hat) oder (immerhin öfter) "das Schnüppchen". Der Ausdruck "Schnupp" ist umgangssprachlich eine unwiderstehliche Süßigkeit, und, na ja, das passte ja wohl super zu Dir, oder? Was mich nur immer wieder gewundert hat, ist, dass das Kosewort von Pfötchenmann für unseren Hund Toby ebenfalls "Schnupp" war. Weil Ihr beide rotbraun wart? Nein, sondern ganz einfach, weil Ihr charakterlich Zwillinge gewesen seid. Arglos, niemals böse oder grimmig, einfach nur gut vom Herzen her.
Wie gern habe ich Dich beobachtet, am liebsten stundenlang. Ich habe respektiert, dass Kaninchen nicht herumgetragen und geknuddelt werden wollen, also habe ich das nur mit den Augen getan, auch wenn’s verdammt schwer fiel. Buddeln, sich hinterm Ohr kratzen, neugieriges Männchenmachen, hopsen, gähnen, langliegen - das alles habe ich so gerne gesehen. Gemalt habe ich Dich auch am liebsten, neben Toby warst Du mein Lieblingsmotiv.
Deine Augen fingen an zu tränen. Also habe ich mich mit dem TNK auseinandergesetzt. Wir waren oft beim Tierarzt, so oft, dass ich es wirklich nicht mehr weiß, wie oft. Du Armer warst immer ganz fertig danach, und ich habe dann immer gezweifelt, ob das alles so richtig ist was ich da mache… Aber es war richtig, schließlich weiß ich selbst am besten wie es ist mit einer ständigen Entzündung umherzulaufen. Es vergingen Wochen mit verschiedenen Behandlungen, die alle nicht halfen. Bevor ich die noch fällige Zahn-Röntgenuntersuchung einfordern konnte, kam dieser immense Milbenbefall. Und dann - e.c. Ich wollte es einfach nicht glauben, als Du mich mit dieser schrägen Kopfhaltung ansahst. Und ich wollte auch nicht glauben, dass diese furchtbare Krankheit Dein Leben fordern würde.
Was soll ich noch sagen? Die letzten Wochen waren der reinste Alptraum. Wir waren Stammgast beim Tierarzt, entweder mit Toby, der mit seinen 17 Jahren einen Schlaganfall hatte, oder mit Dir. Und jeden Tag habe ich um Euer beider Leben gebangt. Meine beiden geliebten Schnuppies. Plötzlich ging es Dir besser. Keine Lähmung mehr, kaum mehr Apathie. Ich war so froh!!! Aber dann:
Am Dienstag, 16. Oktober, brach Toby in der Tierarztpraxis zusammen und musste direkt eingeschläfert werden. Wir haben ihn donnerstags im Garten (das ist hier erlaubt) in 1,20 m Tiefe begraben. Und Dir ging es wieder schlechter.
Den Durchfall hätten wir fast noch in den Griff bekommen, aber am Dienstag, 23. Oktober, hat Dein Urin so merkwürdig gerochen, dass die Tierärztin meine Furcht bestätigte: Nierenversagen. Und so war ich ein zweites Mal dabei, diesmal um Dir beizustehen, wenn Du erlöst wirst. Ich habe Dein Köpfchen gehalten, Du hattest Angst, ich auch.
Dein Grab habe ich alleine ausgehoben. Direkt über Toby, in 70 cm Tiefe. So seid Ihr beiden nicht alleine. Und bevor Du am Donnerstag beerdigt wurdest, habe ich Dich ein letztes Mal gewaschen und gebürstet. Denn den Weg über die Regenbogenbrücke solltest Du sauber und ordentlich hoppeln. Seitdem brennen zwei Grablichter kontinuierlich im Garten.
Ich habe keine Ahnung, wann es aufhören wird, nicht nach Deinem geliebten Gesicht im Gehege zu suchen. Oder wann mich keine Weinkrämpfe mehr während der Autofahrt oder wo auch immer überfallen.
Was mich zusätzlich so traurig macht, ist, dass wer immer davon erfährt, dass ich zwei Freunde in einer Woche verloren habe, immer nur nach dem Hund fragt. Kein Wort bleibt über für Dich. Daher diese Seite hier. Die ist nur für Dich alleine, Schnuppi. Ich liebe Dich. |
"Ich bin Leben, das leben will, inmitten von Leben, das leben will."
Albert Schweitzer (Die Lehre von der Ehrfurcht vor dem Leben) |
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