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geschrieben am: 30.08.2009 um 20:42 Uhr IP: gespeichert
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Auch diesen Abend blieb ich wieder lange wach... diesmal zum Glück. Denn vom einen auf den anderen Moment änderte sich das Verhalten der sonst so hibbeligen Widderdame urplötzilch. Sie saß in der Ecke und kam nicht sofort angeschossen, als ich das Gehege betrat. Ich reichte ihr Futter - es wurde minimal angeknabbert, dann liegen gelassen. Ich holte ihr Lieblingsfutter - wie bei fast allen meinen Mümmeln die selten gegebene Banane - auch da rührte sich nichts.
Es war mittlerweile ein Uhr nachts und ich war völlig ratlos, die Tränen standen mir in den Augen, während ich die kleine Maus hochnahm und vorerst mit ins Wohnzimmer bugsierte. Ich überlegte nur kurz, dann nahm ich den Telefonhörer und wählte die Nummer meiner Großeltern – denn meine Mutter hatte, ebenso wie ich, kein Auto... und bei Freunden könnte ich wohl kaum auf all zu viel Verständnis hoffen. Einmal, zweimal, dreimal... insgesamt zwölf Mal habe ich durchgeklingelt, doch um diese Uhrzeit waren sie schlichtweg nicht zu erreichen.... schliefen wohl zu tief.
Vor lauter Verzweiflung packte ich die kleine Maus in ihre Transportbox, tat warme Handtücher hinein, da draußen Minusgrade herrschten. Den Weg zu meinen Großeltern nahm ich schnell – knapp 10 Minuten und ich stand vor ihrem Haus. Nach etlichen Klingelversuchen, die scheiterte, versuchte ich mit kaum mehr spürbaren Fingern den Schlüssel– den ich glücklicherweise zum Haus sämtlicher Familienmitglieder besitze - ins Schloss zu kriegen. Nach zweimaligem Scheitern und einem halben Nervenzusammenbruch schaffte ich es, das Tor zum Hof zu öffnen und ging hinein, öffnete die Haustür beim ersten Versuch und stellte meine kleine Widderdame gleich im Flur ab. Schnell hastete ich ins Schlafzimmer – und jagte meinen Großeltern erst mal einen riesigen Schrecken ein, ehe sie sich sofort bereiterklärten, mich in die Tierklinik nach Niderrad zu fahren, die zwar entfernt war, jedoch noch Notdienst hatte.
Wir riefen dort an – doch leider Gottes war eine Operation in Gange, sodass wir erst in zwei Stunden herangenommen werden könnten. Also hieß es eine Stunde warten, eine Stunde auf glühenden Kohlen, eine Stunde die kleine Maus ständig im Auge. Wir hatten sie aus ihrer Transportbox gelassen und sie hatte sich, völlig untypisch, gleich hinter den Wohnzimmersessel verkrümelt. Ca. 15 Minuten vor Abfahrt fing sie dann auch noch an, mit den Zähnchen zu knirschen, was für mich der pure Horror war. Ich redete immer wieder auf sie ein, streichelte sie dort, wo sie es gern hatte und versuchte eisern, nicht sofort in Tränen auszubrechen, was mir mehr schlecht als recht gelang.
Die Fahrt zur Tierklinik war die reinste Folter – aber meine Maus hielt tapfer durch.
Als wir in der Klinik ankamen, klingelten wir und wurden sofort eingelassen. Ich ging mit meiner Kleinen allein in den Behandlungsraum und schon auf den ersten Blick meinte die nette Dame: „Oh ja, das sieht ganz nach einem Tumor aus... vielleicht auch ein Abszess. Wir müssten sie über Nacht hier behalten, die Spezialisten kommen erst Morgen. Ich verabreiche ihr erst mal Schmerzmittel und setze sie unter die Wärmelampe, wenn das okay ist.“ Natürlich willigte ich sofort ein und gab meiner Kleinen noch einen Abschiedskuss auf den Rücken, ehe ich sie, zwar aufgewühlt, aber etwas beruhigter, da sie nun in guten Händen war, dort ließ und allein nach Hause fuhr.
Die Nacht über schlief ich nicht.
Am nächsten Tag rief in der frühen Mittagszeit die Tierklinik an. Das betroffene Auge sei bereits blind, es wäre nicht mehr zu retten... allerdings hätte die Kleine noch eine Chance, wenn es operativ entfernt würde – nur so wäre an die Ursache heranzukommen. Ich war wieder kurz davor, völlig zu verzweifeln, willigte jedoch sofort ein – wenn ein fehlendes Auge ihr Leben retten konnte, dann war das keine Frage mehr wert. So schlecht ich mir auch vorkam, derartig über das Leben meiner kleinen Süßen zu entscheiden. Wie würde sie sich nach der OP wohl fühlen? Einfach ein Auge fort und entfernt, dank Frauchen, die damit Gott spielt... doch die Notwendigkeit stand außer Frage.
Ich versuchte mich abzulenken und ging zu meiner Mutter und meiner Schwester, um dort mein Herz auszuschütten und mit ein paar Brettspielen (so unpassend es auch war, ich wäre sonst schier verrückt geworden) die Gedanken einigermaßen im Zaum zu halten.
Dann kam der erste Anruf: Die OP sei überstanden, sie müsste aber noch dort bleiben und mit einem Antibiotikum behandelt werden. Mir fiel ein Stein vom Herzen – doch das hielt nicht lang.
Denn schon wenigen Stunden später der nächste Anruf, den meine Mom entgegennahm: Sie ist nicht mehr aus der Narkose erwacht, war wohl schon zu geschwächt gewesen, um sich davon zu erholen. Wie es schien war der Eiter sogar von der Lunge aufgestiegen und hatte diese zuerst befallen...
Es war das Grauen.
Die Rechnung bekam ich noch... meine kleine Schoko-Maus nicht mehr.
Noch immer frage ich mich, was wohl gewesen wäre, wenn...
Ja, wenn. |
Liebe Grüße von Sammy, Houdi, Nunu, Momo, Poppy und Kashi,
sowie Möhrchensklave und Futterspender Isabell. |
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