Allgemeines
In den warmen Sommermonaten sterben jedes Jahr viele Kaninchen an den Folgen von Madenbefall - auch als Myiasis bezeichnet.
Es sind vorrangig verschiedene Arten von Schmeiß- (Calliphora, Chrysomia, Lucilia) und Fleischfliegen (Sarcophaga, Wohlfahrtia), die ihre Eier je nach Art bevorzugt in kot- und harnverschmiertes Fell oder in (Biss-) Verletzungen ablegen. Bei stark geschwächten Tieren, die den Anflug von Insekten nicht mehr abwehren können, werden auch andere Stellen, wie die Schleimhäute der Körperöffnungen oder intakte Haut, angeflogen.
Aus den Eiern der Fliege schlüpfen je nach Temperatur und Art innerhalb von Stunden oder Tagen Larven, die sich von den Ausscheidungen des Wirtes bzw. den Sekreten der Haut oder von Gewebe ernähren. Sie können sich dabei durch die Haut fressen und so nicht nur zu tiefen Verletzungen, sondern auch zu inneren Blutungen, bakteriellen Sekundärinfektionen und Blutvergiftungen führen.
Die folgenden Abbildungen zeigen am Beispiel einer Goldfliege (9 - 13 mm Körpergröße) das typische Aussehen von Fliege und Larve (bis zu 18 mm lang).
Goldfliege
(grüne Schmeißfliege) |
Goldfliegenlarve
|
Ursachen
Fliegen werden in der Regel durch Gerüche angelockt, wie sie zum Beispiel durch Kot entstehen. Mangelnde Hygiene im Gehege oder ein kotverschmutzer Kaninchenpo sind eine Einladung für jede Schmeißfliege. Offene Wunden oder Abszesse werden gern von Fliegenarten angeflogen, die sich von Gewebe ernähren.
Betroffen sind vor allem kranke, geschwächte oder alte Tiere. Krankheitsbedingte Bewegungseinschränkungen wie Arthrose oder EC, aber auch Übergewicht oder ein besonders langhaariges Fell können dazu führen, dass sich ein Kaninchen nicht mehr ausreichend selbst sauber halten kann. Diese Tiere sind daher anfälliger für einen Fliegenmadenbefall.
Symptome & Diagnose
Die weißlichen Eier sind zumeist in Paketen am Kaninchen befestigt. Geschlüpfte Maden sind als kleine weißlich-gelbe und bewegliche Würmer im Fell und auf der Haut erkennbar. Neben den Maden kann man oft auch dunklere unbewegliche Fliegenpuppen erkennen.
Je nach Ursache kann die Afterregion durch Urin und/oder Kot verschmutzt sein, haarlose Bereiche sind möglich. Die betroffenen Hautareale sind entzündet, in fortgeschrittenem Stadium finden sich Bohrgänge bis tief ins Gewebe. Das Kaninchen zeigt dann meist ein stark gestörtes Allgemeinbefinden, Inappetenz und wirkt insgesamt geschwächt. Bei starkem Befall kann man die Maden auch hören (knistern) und riechen.
Eine Myiasis ist überaus schmerz- und qualvoll für das Tier. Kaninchen leiden zumeist still, so dass erhöhte Aufmerksamkeit des Halters unabdingbar ist. Ein spätes Erkennen des Befalls führt zumeist zum Tode.
Behandlung
Ein Kaninchen mit Fliegenmadenbefall muss umgehend einem Tierarzt vorgestellt werden! Wichtig ist hier zum einen eine schnelle Behandlung des Madenbefalls, zum anderen sollte das Kaninchen auch auf eine mögliche Grunderkrankung (Verletzung, Abszess, Durchfall, Blasenentzündung,...) hin untersucht und behandelt werden.
Die Behandlung des Madenbefalls erfolgt abhängig vom Schweregrad. In jedem Fall sollte ein gründliches Absammeln jeder einzelnen Made erfolgen. Hilfreich ist hierbei ein Floh- oder Staubkamm für im Fell befindliche Maden. In der oberen Hautschicht sitzende Maden werden mit einer vorn stumpfen Pinzette abgesammelt. Das Fell um die Wunde wird entfernt. Je nachdem wo die Wunde sitzt, ist es meist hilfreich, das Kaninchen an der Stelle mit Seifenlösung abzuwaschen oder (z. B. den Po) in Selbiger zu baden damit die Maden abfallen (Seifenwasser hierbei mehrmals wechseln, bis keine Made mehr darin schwimmt).
Als Erstmaßnahme können sichtbare Larven abgesammelt werden, um ein Eindringen unter die Haut zu verhindern.
Ein Fliegenmadenbefall ist aber immer ein Fall für den Tierarzt und sollte umgehend untersucht und behandelt werden.
Jede Minute zählt!
Ein Fliegenmadenbefall ist aber immer ein Fall für den Tierarzt und sollte umgehend untersucht und behandelt werden.
Jede Minute zählt!
Das Kaninchen sollte auch die folgende Zeit mehrmals täglich auf neue Maden hin untersucht werden. Oberflächliche Wunden werden mit einem Antiseptikum (z. B. Rivanol) gereinigt und mit einer Wund- und Heilsalbe (z. B. Lebertranzinksalbe) versorgt. Je nachdem wie groß und tief die Wunden sind, kann dies auch eine tägliche Wundspülung erfordern.
Sollten die Maden bereits tief in die Haut eingedrungen sein (Der Tierarzt kann das mit einer Sonde prüfen.) oder sogar in Organe einwandern, kann der Tierarzt ein Medikament mit dem Wirkstoff Nitenpyram verabreichen. Dieses soll zu einem Auswandern der Maden aus dem Gewebe führen. Alternativ kann auch ein Antiparasitikum mit dem Wirkstoff Doramectin oder Ivermectin zum Abtöten der im Körper befindlichen Maden gespritzt werden.
In schweren Fällen kann auch eine chirurgische Entfernung betroffener Hautareale unter Narkose nötig werden. Stark geschwächte Patienten werden mit Infusionen versorgt, bei Futterverweigerung erfolgt eine Zwangsfütterung. Ein Antibiotikagabe bekämpft bakterielle Sekundärinfektionen im fortgeschrittenen Stadium. Auch wird der Tierarzt dann in der Regel ein Schmerzmittel verabreichen.
Auch wenn hier viele Ansätze für eine Behandlung aufgezeigt werden, ist zu erwähnen, dass die meisten Befälle tödlich verlaufen. Es soll nicht der Eindruck entstehen, dass eine Behandlung in der Regel erfolgreich ist. Umso wichtiger ist es eine geeignete Vorsorge zu treffen, wie sie in der Folge beschrieben wird.
Vorbeugung
Kaninchen sollten im Sommer täglich gründlich auf einen möglichen Fliegenmadenbefall hin kontrolliert werden. Besonders wichtig ist die Afterregion und vor allem die Inguinaldrüsen. Auch auf Wunden hin sollten Kaninchen kontrolliert werden. Langhaarige Tiere benötigen eine regelmäßige Fellpflege, verfilzte Stellen müssen entfernt werden. Im Sommer kann man bei besonders langhaarigen und schwer zu pflegenden Tieren auch einen Kurzhaarschnitt oder eine Schur beim Tierarzt erfragen.
Bei Durchfall sollte das Kaninchen gesäubert werden (Klick hier!). Wird das Anhaften von Kot durch sehr langes Fell am After begünstigt, kann dies entsprechend mit einer vorn stumpfen Schere eingekürzt werden. Natürlich sollte auch bei Durchfall nach einer Ursache gesucht und diese behandelt werden.
Eine gute Gehegehygiene (z. B. Klinofix Pulver) und eine tägliche Reinigung der Kloecken ist unerlässlich. Zusätzlich empfehlen sich Schutzmaßnahmen vor Insekten wie beispielsweise Fliegengitter für Fenster und Gehege sowie für Kaninchen unerreichbare Fliegenklebefallen.
Beispiele für Varianten von Fliegenfallen:
Motivfliegenköder für Fenster (links); klassische Fliegenfänger (rechts) |
In der Folge haben wir für Sie zwei Listen mit Maßnahmen zusammengestellt, die helfen sollen einen Befall mit Fliegenmaden zu verhindern. Die erste Liste zeigt allgemeine Maßnahmen auf, während die zweite Liste die gesonderte Behandlung des Tieres in den Fokus stellt.
Allgemeine Maßnahmen
- Anbringen von Fliegenfallen
- Nutzung von Fliegengittern (Maschenweite < 2,5 mm, Innenhaltung)
- Ansammlung von Müll und faulenden Substanzen vermeiden
- Futtermittel nicht offen lagern
- Klo-Ecken häufig reinigen und kontrollieren
- Einsatz von Klinofix
Maßnahmen am Tier
- regelmäßige Kontrolle (täglich bei Risikokandidaten)
- primäre Kontrolle der Afterregion
- offene Wunden (Bisse, Abzesse) penibel beobachten
- umgehende Reinigung bei Durchfall oder anderweitig verschmutzter Afterregion
- ggf. erhebliche Einkürzung des Fells
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